Dem Pferd ist es egal ob Du Diabetes Typ 1 hast oder nicht….

Für jeden von uns Pferdebesitzer ist es eine Routine täglich in den Stall zu fahren, sein Pferd zu putzen, zu satteln und sich für 1-2 Stunden aus dem Alltag zu stehlen.

Ein Alltag den wir uns selbst gewählt haben und den wir im Idealfall noch gesund verbringen.
Bei meinem Besuch des Diabetes Riding Camps in Memmingen auf der Chrom Ranch wird mir selbst mal wieder bewußt, wie beschenkt ich vom Leben bin. Ich habe mein eigenes Pferd und ich bin gesund und ich kann frei entscheiden, wie ich den Tag verbringe.

Anders sieht es dann schon aus, wenn man sich die kleinen Teilnehmer dieses Camp’s ansieht.

Diese kleinen Helden des Alltags verbringen hier unter Aufsicht von Dr. Karl Florian Schettler, einer Kinderkrankenschwester und einer Diabetesberaterin, eine ganze Woche mit Gleichgesinnten und Gleichaltrigen. Hier erfahren Sie, dass sie gerade jetzt, in der Pubertät, wenn der Körper sich verändert, nicht allein sind. Hier erwarten Sie Menschen, die sich für sie Zeit nehmen und ihnen Hilfe zur Selbsthilfe beibringen. Jetzt, da der Wunsch nach Unabhängigkeit und Selbstverantwortung größer wird, gerade jetzt ist es wichtig, selbstBEWUSST mit sich umzugehen – und hierbei hilft das Team und die Pferde.

Verantwortung gegenüber sich selbst und dem Pferd beginnt bereits in der Früh. Die Box des zugeteilten Pferdes muss gemistet werden und dabei darf der eigene Körper nicht vergessen sein. Blutzuckerwertmessen gehört zum Alltag und nicht nur 1x am Tag. Was diese Kinder bereits in jungen Jahren schaffen ist enorm. Da kommt dann schon mal die Zeit, in der die Psyche einen Streich spielt – doch dieser Streich kann in diesem Falle lebensbedrohend sein. Der Wunsch auszubrechen, sich nicht mehr Insulin zu spritzen, was bei dem Diabetes-Typ-1 notwendig ist, da es sich dabei um eine Autoimmunerkrankung handelt, bei der der Körper entweder zu wenig oder gar kein Insulin mehr selbst produziert, kommt sehr häufig vor. Die jahrelangen, gutgemeinten Ermahnungen der Eltern, Ärzte und Bekannte und Verwandte, ermüden die Kinder. Gerade jetzt ist der Langzeitzuckerwert durch die Hormonumstellung im Körper hoch. Gerade jetzt kommt es zu Konflikten in der Familie. Gerade jetzt ist es wichtig eben NICHT anders zu sein und gerade jetzt macht sich Frustration breit. Sie bemühen sich trotz Schulbegleitung und ständiger Kontrolle durch die Eltern um Disziplin und Regelmäßigkeit, doch oft bleibt der Erfolg alleine aus. Eltern erkrankter Kinder erhalten im Krankenhaus ein meist ca. 1 1/2-wöchiges Basistraining, damit sie in der Lage sind, ihren Kindern im Alltag zu helfen, bzw. auf die Lebensweise zu achten.
In dieses Camp kommen 12-16 jährige die oft noch nicht in der Lage sind, ihr Essen auf dem eigenen Teller nach Kohlenhydraten zu berechnen, Essen abzuwiegen und die Ernährung in die Relation zu ihren körperlichen Tätigkeiten zu setzen. Ihre Eltern nehmen es ihnen aus Angst und Fürsorge ab!
Doch das kann so nicht bleiben!
Wie fange ich einen niedrigen Zuckerwert ab? Wie lange dauert es, bis der Wert wieder steigt bei welcher Nahrung? Wie viel darf ich heute noch essen ohne nachspritzen zu müssen?
WER von uns macht sich darüber Gedanken, wie viele Kalorien wir zu uns genommen haben und was man heute noch essen darf? Und diese Jugendlichen müssen das tagtäglich! – sich Gedanken machen und Kohlenhydrate berechnen. Sie müssen Selbstverantwortung und -bewusstsein lernen – für’s Leben.

Fernab der Eltern dürfen sie in einem 8-köpfigen gleichaltrigen Team lernen, was sie wissen müssen. Hier können sie untereinander ihre Gedanken austauschen und endlich erfahren, mit ihren Gefühlen nicht allein zu sein – Eltern und Therapeuten sind wichtig – doch das Gefühl mit anderen zusammen zu sein, die genau die gleichen Probleme haben, können diese nicht ersetzen. Hier werden sie genommen, wie sie sind – Normal, nichts Aussergewöhnliches – die Pferde interessiert es nicht, ob sie Diabetes haben oder nicht.

Dr. Karl Florian Schettler hat als Reiter und Pferdebesitzer selbst die Erfahrung gemacht, wie oft Pferde bei der Selbstreflektion ohne Worte, nur durch ihr Sein, behilflich sein können. Das Pferd spiegelt Dich und zeigt Dir Deine eigenen Schwächen und Stärken auf.
Dies brachte ihn auf die Idee zu diesem Camp. Den Kindern, die es so sehr verdient haben, 1x im Leben dieses kleine Glück – dieses größte Geschenk ausserhalb des Krankenhauses – zu erleben. Er glaubt an den präventiven Ansatz dieses Camp’s, an die positive Verstärkung und die positive Sichtweise als Unterstützung für die Jugendlichen. Diese Kinder haben es verdient, da sie hohe Leistungen im Alltag vollbringen und hohe Anforderungen an sie gestellt werden. Er rät oft den Eltern weniger Druck zu machen und die Leistung ihrer Kinder im Alltag wertzuschätzen.

Der Tagesablauf in dem Camp ist kein „Ponyhof“-Traum! Hier wird 2x täglich geritten, die Pferde versorgt, im Stall mitgearbeitet und dazwischen werden Gesprächsrunden gehalten, Rechenbeispiele für Kohlenhydrate gemacht, Blutzucker gemessen. Es werden Essenspläne reflektiert, das Körperbewusstsein geschult. Es gibt 1x die Woche einen Kinobesuch, ein Pizzaessen und ein Überraschungsessen – diese Unternehmungen schulen den Jugendlichen die Situationen im Alltag zu meistern und selbst einzuschätzen, was er noch essen darf und was wie viele Kohlenhydrate hat – dies immer in der Relation zu der Bewegung während des Tages.
Das Programm ist straff  und doch bleibt noch Zeit um sich Zurückzuziehen. Wer denkt, hier sitzen dann die Teilnehmer mit Handy und IPad in der Hand rum, der irrt sich! Die Jugendlichen haben zu viel Freude an dem Zusammensein, den Unterhaltungen und den Austausch.

Auf die Frage hin, für wen es schlimmer war, als die erstmalige Diagnose mitgeteilt wurde, für die Eltern oder für das Kind, kommt meistens die Antwort: Für die Eltern!
Lasst uns darüber mal nachdenken….

Karl Florian Schettler‘s Idee für dieses Camp findet so riesigen Zuspruch, dass er sich vor Anmeldungen nicht mehr retten kann.
Wir können leider nicht alle auf einmal nehmen. Ab dem Tag der Ausschreibung zu einem Camp wären bereits alle verfügbaren Plätze innerhalb von 24 Stunden weg. Es stehen aber 2 Wochen zur Anmeldung zur Verfügung, dann ist das Camp ca. 10-fach überbucht und dann werden 16 Teilnehmer ausgelost. Derzeit kann jedes Kind nur 1x in seinem Leben an diesem Camp teilnehmen, da die Nachfrage so enorm ist. Dr. Schettler’s Traum wären 5-6 Camp’s pro Jahr (pro 8 Teilnehmer ) deutschlandweit. Dafür bräuchte er aber neben mehr Spenden noch einen weiteren Diabetologen, da die freie Zeit für die Camp’s von Dr. Schettlers Urlaubs- oder Überstundenkonto möglich gemacht werden. Er arbeitet hauptberuflich als Diabetologe in Landshut im Kinderkrankenhaus St. Marien, welches ihn auch in seiner Idee unterstützt. Die Vision, dass alle Kinder deutschlandweit im Alter zwischen 12-16 Jahren die Möglichkeit haben, 1x in ihrem Leben so eine Möglichkeit zu erfahren, ist noch in weiter Ferne.
Hierfür fehlen einfach die Gelder. Da es für eine Unterstützung durch Krankenkassen oder Ämter einfach noch keine Langzeitergebnisse gibt und diese zahlentechnisch und wissenschaftlich noch nicht belegbar sind, finanzieren sich diese Camp’s nur durch private Spenden. Es reicht anscheinend nicht, dass selbst über Wochen nach Beendigung der Teilnahme an diesem Camp, oft der HbA1c-Wert verbessert bleibt und Kinder mit fröhlichen Augen behaupten, sie konnten hier einfach mal, trotz Kontrollen und täglichem Spritzen, ihre Krankheit vergessen.

Natürlich gibt es Eltern, die ihren Kindern einen Platz in diesem Camp erkaufen würden, doch das geht an dem Gedanken der Idee für dieses Camp vorbei.
Somit ist die Erfüllung seines größten Wunsches, dass diese Kinder durch diese Teilnahme mehr Selbstbewusstsein erhalten und dadurch einen besseren Start ins Erwachsenenleben erfahren, selbst nach 6 Jahren noch auf wackligen Füßen.

Und trotzdem – rückblickend auf die vergangenen 6 Jahre, sind die Erfolge mehr als er es sich je erträumt hat. Er bereut nicht 1 Stunde, welche er in das Projekt investiert hat und das „Ergebnis“, die leuchtenden Kinderaugen oder auch die Tränchen beim Abschied nach jedem Kurs, erfüllen ihn für die nächsten 100 Jahre und geben ihm so viel Kraft, weiterzumachen. Dies ist ein Projekt, das die Ärzteseele zutiefst befriedigt – man schafft ein kleines Extra für die Diabeteskinder.

Sein spezieller Dank gilt jedem im Kinderkrankenhaus, der an seine Idee geglaubt hat, als sie noch in der Entstehung war. Das ganze Team hat ihn unterstützt und mit vielen guten Gedanken das große Ganze dorthin getragen, wo es nun schlussendlich ist.
Daß er die Möglichkeit und Zeit hat dies alles zu tun, verdankt er vor Allem seiner Frau, die genau dort einspringt, wo er dann in dieser Zeit fehlt, und wie er selbst sagt unendliche Geduld mit ihm hat.

Ebenfalls bedankt er sich bei allen Sponsoren, die mit ihrer Unterstützung diese Camp’s machbar machen.

K3-Foto produzierte Kaffeetassen für einen Erwerbspreis von 15 EUR, wovon 10 EUR den Camp zugute kam – stolze 500 EUR konnten somit gesammelt werden – da mich K3-Foto auf unserem diesjährigen Work-West Turnier in Pullman City begleiten wird, stehen auch dort die besonderen Tassen zum Erwerb – ich hoffe, es finden sich viele Käufer und Unterstützer.

Was ihn überraschte, war die große Anteilnahme der Reiterszene, die einzig und allein durch den Faktor PFERD mit diesem Projekt verbunden ist…. naja… eigentlich wundert es ihn DOCH nicht … und wir Reiter und Pferdeliebhaber, wir wissen genau warum es ihn nicht wundert…..

Ich bitte auf diesem Wege für Spenden für das Diabetes Riding Camp – nicht für mich, sondern für die Kinder! Wir, die wir unsere eigenen Pferde täglich sehen, putzen, reiten und in ihrer Umgebung alles vergessen dürfen, wir sollten dafür Sorge tragen, dass gerade diese Kinder auch dieses Gefühl erleben dürfen, wenn man einfach so genommen wird, wie man ist. Ein Gefühl, dass einem nur ein Pferd geben kann. Ich appeliere an meine namhaften Worker-Freunde, diese Organisation zu unterstützen. Kontakt gerne über Karl Florian Schettler oder gerne auch an mich.

Let’s work together for a better future for kids !!

 

Eure

Kerstin Minks
Working Equitation News

 

Nähere Info unter www.diabetesridingcamp.de

Fotocredit K3 Foto Kirstin Dittrich

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